Landesregierung verabschiedet Handlungskonzept gegen Antisemitismus
Die Landesregierung bündelt ihre Aktivitäten zur Stärkung jüdischen Lebens und gegen Antisemitismus in einem Handlungskonzept. Das Kabinett beschloss heute das von Staatskanzlei-Chefin Kathrin Schneider vorgestellte gut 30-seitige Konzept. Schneider: „Damit setzt die Landesregierung ein klares Signal in der aktuellen Zeit: Brandenburg und die gesamte Landespolitik sind sich der historischen Verantwortung aus dem Holocaust bewusst und setzen ein Zeichen gegen den wieder erstarkenden Antisemitismus. Jüdinnen und Juden gehören zu Brandenburg. Jüdische Kultur und Gelehrsamkeit, jüdische Gläubigkeit und Vielfalt bereichern uns. Brandenburg ist ein weltoffenes Land, das für Vielfalt und Freiheit steht.“
Heute leben in Brandenburg rund 2.000 Jüdinnen und Juden. Es bestehen derzeit elf jüdische Gemeinden. Weitere 3.000 Personen, wie etwa Ehepartner, weisen eine starke persönliche Verbindung zum Judentum auf. Zudem gibt es Vereine, Netzwerke und Bildungsstrukturen. Hinzu kommt ein fest etabliertes und bundesweit bekanntes Angebot an Forschungs-, Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen sowie eine Vielzahl an Erinnerungsorten.
Glauben sichtbar leben können
Schneider: „Ich möchte, dass sich Jüdinnen und Juden in Brandenburg sicher fühlen, dass sie sichtbar ihren Glauben und ihre Kultur in Brandenburg leben können. Dafür steht die gesamte Landesregierung, dafür steht die Brandenburgische Zivilgesellschaft ein. Ein überzeugtes Vorgehen gegen Antisemitismus macht unsere Demokratie widerstandsfähiger gegenüber Angriffen, unterstützt Betroffene glaubwürdig in der Verteidigung ihrer individuellen Rechte und schützt die kulturelle sowie religiöse Vielfalt Brandenburgs.“
Das Konzept „Antisemitismus entschlossen entgegentreten – Jüdisches Leben in Brandenburg stärken“ wird künftig die gemeinsame Handlungsgrundlage aller Ressorts der Landesregierung bei der Antisemitismusbekämpfung und Förderung jüdischen Lebens sein. Auf der Grundlage des Konzeptes werden konkrete Maßnahmen weiterentwickelt und umgesetzt. Zudem trifft es Aussagen zur Zusammenarbeit von zivilgesellschaftlichen Akteuren und formuliert Schnittstellen zur Arbeit der oder des künftigen Antisemitismusbeauftragten im Landtag. Es beschreibt in zehn Handlungsfeldern Maßnahmen der Prävention, der Intervention und des Schutzes. Gleiches gilt für die Bereiche Monitoring, Antidiskriminierungsberatung und Opferschutz sowie dem Zusammenwirken von staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Bei der Erarbeitung des Konzeptes waren alle Ressorts sowie die Sicherheitsbehörden einbezogen. Zudem gab es Anregungen und Hinweise aus jüdischen Gemeinden sowie der Fachstelle Antisemitismus und anderer zivilgesellschaftlicher Träger, die in das Konzept eingeflossen sind. Es konkretisiert und ergänzt das Handlungskonzept Tolerantes Brandenburg.
Antisemitismus: Besorgniserregende Zunahme
Antisemitismus in Brandenburg, in Deutschland und in Europa hat in den vergangenen Jahren wieder besorgniserregend zugenommen. Nach dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hat sich diese Tendenz noch weiter verstärkt. Die antisemitisch motivierten Straftaten in Brandenburg haben im Jahr 2023 sprunghaft zugenommen. Die Polizei registrierte 284 solcher Delikte, fast 90 mehr als noch 2022. Gegenüber 2021 haben sich die Straftaten sogar fast verdoppelt.
Schneider: „Die Landesregierung nimmt den Kampf gegen Antisemitismus und den Schutz der in Brandenburg lebenden Jüdinnen und Juden sehr ernst. Dies gilt für die Sicherheitsbehörden, aber auch für die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Präventionsvorhaben, wie beispielsweise der seit 2019 existierenden Fachstelle Antisemitismus. Der Kampf gegen Antisemitismus ist seit 2022 Staatsziel in Brandenburg.“
Hintergrund
Neben Präventionsprojekten wie die Fachstelle Antisemitismus fördert die Landesregierung ein breites Spektrum an Projekten, um jüdisches Leben und jüdische Kultur noch stärker zu verankern. Basis ist der im Jahr 2005 abgeschlossene Staatsvertrag. Bekanntestes Beispiel ist die Finanzierung des jüdischen Synagogenzentrums in Potsdam durch das Land in Höhe von 16,5 Millionen Euro. Es soll am 4. Juli feierlich eröffnet werden. Weitere Beispiele mit Landesförderung sind der vergünstigte Erwerb und die Sanierung des Synagogenzentrums in Oranienburg (mit rund 836.000 Euro) oder die diesjährige Brandenburg-Tour des jüdischen Kulturschiffes MS Goldberg durch insgesamt sieben Brandenburger Städte (mit 258.000 Euro). Im Bildungsbereich bietet unter anderem das Zeitzeugenprogramm des Bildungsministeriums die Möglichkeit, Geschichte für Schülerinnen und Schüler greifbar zu machen – vor Ort in den Gedenkstätten, aber auch in den Schulen. Hinzu kommen vielfältige Projekte wie Ausstellungen, Publikationen, Bildungsmaßnahmen freier Träger oder auch das Online-Projekt stolpersteine-brandenburg.de.
Weitere Informationen
Handlungskonzept auf der Seite “Tolerantes Brandenburg”
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