Unverändert Handlungsbedarf: 20 Jahre Tolerantes Brandenburg
Der Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Martin Gorholt, hat dem „Toleranten Brandenburg“ eine Erfolgsgeschichte attestiert. Gorholt sagte heute bei einer Pressekonferenz anlässlich des 20-jährigen Bestehens in Potsdam: „Mit dem Handlungskonzept hat die Landesregierung 1998 ein deutliches Zeichen gegen die Stimmungsmache und Gewaltbereitschaft gegen Fremde im jungen Land Brandenburg gesetzt.“ Dieser Aufgabe stelle es sich weiterhin. Selbstverständlich gelte das auch für gefährlichen und intoleranten Islamismus.
Vorbild für andere Bundesländer
Gorholt weiter: „Das ‚Tolerante Brandenburg‘ entwickelte sich schnell zum Vorbild für andere Bundesländer. Seitdem haben wir gemeinsam vieles erreicht und ein professionelles Netzwerk geschaffen, das auf Problemlagen schnell und flexibel reagiert. Trotz allem muss dieses Engagement angesichts wieder aufkeimender Ressentiments und Hetze gegen Geflüchtete und Fremde fortgesetzt werden.“
Das ‚Tolerante Brandenburg‘ wurde am 23. Juni 1998 ins Leben gerufen. Der 20. Geburtstag wird morgen ab 17.00 Uhr mit einem Festakt mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Ministerpräsident Dietmar Woidke und dem evangelischen Landesbischof Markus Dröge sowie 250 geladenen Gästen in der Alten Chemiefabrik in Cottbus gefeiert. Gorholt: „Die Anwesenheit des Staatsoberhaupts zeigt, wie wertvoll die Arbeit des ‚Toleranten Brandenburgs‘ ist.“
Bundespräsident Steinmeier hält Festrede
Neben Reden von Steinmeier und Woidke werden Kurzfilme zu den Anfängen und zur Entwicklung des Handlungskonzeptes sowie zur gegenwärtigen Situation gezeigt. Zudem werden Aktive des Beratungsnetzwerkes ‚Tolerantes Brandenburg‘ porträtiert. In Cottbus startet die Wanderausstellung „Kein schöner Land“, die die Todesopfer rechter Gewalt in Brandenburg thematisiert. Zudem stellt der Künstler Rainer Opolka fünf Wolfs-Skulpturen aus seiner Ausstellung „Die Wölfe sind zurück“ aus, die bundesweit für Aufmerksamkeit sorgte.
Der kürzlich vom Kabinett beschlossene neueste Bericht zur Umsetzung des Handlungskonzeptes würdigt die vergangenen 20 Jahre des ‚Toleranten Brandenburgs‘ und gibt einen Ausblick auf künftige Handlungsfelder. Er verweist darauf, dass rechtspopulistische und rechtsextreme Strömungen – gerade im Zuge der weltweiten Fluchtbewegungen – auf einen Nährboden in Teilen der Bevölkerung stoßen. Alarmierend sei zudem die sich verändernde Nutzung digitaler Medien. Soziale Netzwerke und Kommentarspalten erleichterten die Verbreitung von Fake News, Hasskommentaren und ideologischen Verschwörungstheorien. Die Anonymität der Nutzer sowie die stellenweise ungeklärte Rechtslage in Bezug auf das Löschen solcher Inhalte brächten demokratische Akteure und den Rechtsstaat an die Grenzen.
Bedenkliche Parallelen
Der Bericht warnt, dass heute „bedenkliche Parallelen“ zur gesellschaftlichen Atmosphäre im Land Brandenburg der 1990er Jahre vorhanden seien. Gorholt: „Das zeigt, dass nach wie vor Handlungsbedarf besteht. Wir müssen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus entschieden entgegentreten. Politik muss klare Signale senden, bis wohin ein gesellschaftlicher Diskurs zulässig ist und wann wir rechtspopulistischen Argumenten und Äußerungen Einheit gebieten müssen.“ Laut Bericht muss auch die Auseinandersetzung mit dem Islamismus weiter vorangetrieben werden. Ein wichtiger Schritt sei die bereits laufende Erarbeitung eines neuen Handlungskonzepts zum islamistischen Extremismus.
Gorholt dankte all denen, die sich aktiv für Demokratie und für ein tolerantes Miteinander in Brandenburg einsetzen. „Wir alle müssen geschlossen im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus auftreten.“
Dem Beratungsnetzwerk gehören heute fünf Vereine/Verbände an, die jeweils mit einer spezifischen Beratungskompetenz Zivilgesellschaft, Politik und Kommunen sowie Betroffene beraten. Dazu gehören das Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, der Verein Opferperspektive, die Mobilen Beratungsteams, die Regionale Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) Brandenburg und die Brandenburgische Sportjugend.
Zahlreiche Kooperationspartner
Zudem wird das ‚Tolerante Brandenburg‘ gegenwärtig von 41 Kooperationspartnern unterstützt. Dazu gehören u. a. Städte und Gemeinden, der Landessportbund, der DGB Berlin-Brandenburg, der Landesfeuerwehrverband, das Technische Hilfswerk, die Deutsch-Polnische Gesellschaft Brandenburg, der Fußball-Landesverband, die TMB, der Verkehrsbund Berlin-Brandenburg oder Zalando.
Auf der Pressekonferenz schilderten Christian Löhr vom Fußball-Landesverband Brandenburg, Anna Spangenberg, Geschäftsführerin des Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, sowie Markus Klein von den Mobilen Beratungsteams Brandenburg ihre Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem ‚Toleranten Brandenburg‘.
Weitere Informationen
Bericht zur Umsetzung des Handlungskonzeptes
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