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Integrationsbedarfe und Einstellungsmuster von Geflüchteten im Land Brandenburg

Rund 40.000 Geflüchtete hat das Land Brandenburg im Zeitraum von 2015 bis 2017 aufgenommen. Viele von ihnen sind aus dem Mittleren Osten und Afrika, teilweise auch aus Russland (Tschetschenien) gekommen.

Studie leitet Handlungsempfehlungen für Landes- und Kommunalpolitik ab

Gefördert vom Bündnis für Brandenburg, haben Forscher des Moses Mendelssohn Zentrums (Universität Potsdam) zahlreiche Gruppeninterviews mit Menschen aus Syrien, Afghanistan, Eritrea und Tschetschenien geführt und einheimische Integrationsexperten befragt. Welche Integrationserfolge, Defizite und kulturellen Differenzen erleben Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder aus den genannten Herkunftsländern? Was erschließt ihnen neue Welten, und wo ergeben sich objektive Konflikte?

Aus den Ergebnissen der Studie wurden Handlungsempfehlungen für die Landes- und Kommunalpolitik abgeleitet. Alle interviewten Gruppen wünschten sich intensiveren Kontakt zu Einheimischen – eine Chance und Herausforderung zugleich für die hiesige Zivilgesellschaft.

Hintergrund

Die von Olaf Glöckner und Wahied Wahdat-Hagh am Moses-Mendelssohn-Zentrum der Universität Potsdam durchgeführte Studie kann auf der Seite des Universitätsverlags heruntergeladen werden. Die Studie wurde vom Bündnis für Brandenburg und vom Moses Mendelssohn Zentrum gefördert.

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Studie zum Download

Freundschaft (Foto: falco/pixabay.com)

Flüchtlinge wünschen sich echte soziale Kontakte

Über kaum ein Thema wurde in Deutschland in den vergangenen beiden Jahren so viel gesprochen wie über Flüchtlinge. Aber was bewegt eigentlich die Flüchtlinge selbst? Welche Themen sprechen sie von sich aus an, wenn man sie fragt, wie es ihnen in Deutschland bisher ergangen ist? Und wie erleben sie die Begegnung mit den Menschen hier? Eine umfassende Studie durch qualitative Interviews mit Flüchtlingen führen derzeit gemeinsam der Forschungsbereich des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) und die Robert Bosch Stiftung durch. Schon die ersten Ergebnisse der Studie zeigen, wie wichtig es ist, nicht nur über Flüchtlinge zu sprechen, sondern ihre Stimme zu hören und ihrer Sichtweise Beachtung zu schenken.

Laut der ersten vorliegenden Kurzinformation zur Studie ist der Wunsch nach echten sozialen Kontakten stark ausgeprägt. Dr. Cornelia Schu, Direktorin des Forschungsbereichs beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration, sagte: „So dankbar die Flüchtlinge für die Unterstützung durch Sozialarbeiter und Ehrenamtliche sind, so wenig können unterstützende Kontakte echte Freundschaften ersetzen. Die Flüchtlinge wünschen sich, dass sich echte und stabile persönliche Beziehungen entwickeln.“ Der Wunsch der Asylsuchenden nach privaten Kontakten stehe aber naturgemäß in einem gewissen Spannungsverhältnis zu der professionellen Distanz, die hauptamtliche Betreuer und auch ehrenamtliche Helfer wahren müssen. Dies sei ein Aspekt, der bislang unterschätzt werde. Uta-Micaela Dürig, Geschäftsführerin der Robert Bosch Stiftung, sieht hier eine Aufgabe für die Zivilgesellschaft: „Der Beitrag, den die vielen Ehrenamtlichen leisten, die Flüchtlingen mit Rat und Tat zur Seite stehen, kann gar nicht hoch genug geschätzt werden. Wir sollten aber nicht vergessen, dass die Einladung zum gemeinsamen Sport oder zum Singen im Chor, zur Mitarbeit in einer Nachbarschaftsinitiative ebenfalls ein wichtiges Signal an die Neuankömmlinge sendet, dass ihre Mitwirkung willkommen ist – der erste Schritt zum gegenseitigen persönlichen Kennenlernen.“

Deutsch lernen, Arbeit finden

Weitere Themen, die Flüchtlinge häufig von sich aus ansprechen, sind der Wunsch, Deutsch zu lernen und Arbeit zu finden. Nahezu alle befragten Flüchtlinge wollen sehr gerne arbeiten oder sich weiter qualifizieren. Als sehr belastend wird die Trennung von Familienmitgliedern empfunden, die im Heimat- oder einem Transferland zurückgeblieben sind, und die Einschränkung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte. Ein weiterer belastender Faktor ist die Ungewissheit über den Ausgang des Asylverfahrens. Hierzu kommt das Gefühl, zu wenig und zu wenig verständliche Informationen über den Stand des Asylverfahrens oder andere Anliegen (wie z. B. Verbesserung der Wohnsituation) zu erhalten. Dies zeigt, welche wichtige Rolle Dolmetscher bzw. ehrenamtliche Sprachmittler spielen.

Für die Kurzinformation wurden 21 Interviews mit Flüchtlingen unterschiedlicher Herkunftsländer ausgewertet – das entspricht etwa einem Drittel aller Interviews, die für die Studie geführt werden. Ziel des Forschungsprojektes ist eine wissenschaftlich fundierte Beschreibung der aktuellen Lebenslage von Flüchtlingen in Deutschland aus der Perspektive der Betroffenen selbst. Die Befragung gibt Aufschluss darüber, welche Bedarfe und Erwartungen die Betroffenen haben, welche Fähigkeiten sie mitbringen und wie sie ihre aktuelle Lebenslage wahrnehmen. Der Fokus der Studie liegt auf Personen mit unsicherem Aufenthaltsstatus in einem frühen Stadium ihres Aufenthalts in Deutschland. Aus den Erkenntnissen sollen Handlungsempfehlungen für eine verbesserte Aufnahme und Integration von Flüchtlingen entwickelt werden. Die vollständige Studie wird im November 2017 veröffentlicht.

Weitere Informationen unter www.svr-migration.de/Forschungsbereich oder www.bosch-stiftung.de/fluchtundasyl.